ERR, WpM – Wtf?
An meinem kleinen Workshop haben elf Kolleg*innen teilgenommen, und zwar mit ganz unterschiedlichen Wünschen und Erwartungen, wie sich zeigte. Manche einfach nur aus Neugier, manche, weil sie sich durch schnelleres Lesen eine Zeitersparnis erhoffen, andere haben mit komplexen Texten zu tun und suchen nach einem Weg, den Kern der Sache besser herauszufiltern.
Um uns heranzutasten, wollten wir zunächst die eigene Lesegeschwindigkeit messen, die sogenannte Effective Reading Rate (ERR), die sich aus Lesetempo x Textverständnis errechnet. Hierzu hat jede*r einen kleinen Selbsttest gemacht. Es wurde ein vorgegebener Text gelesen und die Lesedauer gemessen. Daraus ergab sich das Lesetempo (Wörter pro Minute = WpM). Anschließend galt es, Verständnisfragen zum Text zu beantworten. Je nach Anzahl der richtigen Antworten sah man, wie viel Prozent des Textes man erfasst hatte (Textverständnis). Also beispielsweise 158 WpM * 80 % = 127
Mitmurmler, Zurückspringer und Wort-für-Wort-Leser
Der kleine Selbsttest zeigte, dass hier bei vielen noch Potenzial war, die Lesegeschwindigkeit zu erhöhen. Wir schauten uns gemeinsam an, welche Ursachen langsames Lesen haben kann und fanden drei wichtige Punkte.
- Subvokalisieren: Das mentale Mitsprechen setzt die Lesegeschwindigkeit herab, weil das Lesetempo dann dem Sprechtempo entspricht.
- Regression (Zurückspringen): Wir springen zurück, weil wir Angst haben, dass uns etwas Wichtiges entgangen ist. Das Gehirn
kann aber viel mehr leisten, als wir ihm zutrauen. - Wort-für-Wort lesen: Tatsächlich arbeitet unser Gehirn ab 400 WpM sogar besser, weil die Informationen zu sinnvollen Blöcken zusammengestellt werden.
Und das brachte uns nun zum Wesentlichen: Wie kann ich die Lesegeschwindigkeit erhöhen?
Erst mal versuchen, die innere Stimme abzustellen. Dann das Zurückspringen vermeiden (zum Beispiel, indem ich das bereits Gelesene abdecke) und zu guter Letzt Sinngruppen bilden und Blöcke zusammenfassen.
Die Übung macht’s!
Die drei identifizierten Tipps sind natürlich Übungssache und klappen nicht von heute auf morgen. Letztendlich muss man seinem Gehirn auch ein Stück weit vertrauen. Das Textverständnis ist weitaus größer, als wir denken. Das Unterbewusstsein schnappt unheimlich viel auf.
Zum Schluss schauten wir uns noch an, wie Lesehilfen unterstützen können. Eine Lesehilfe (z. B. ein Bleistift) wird beim Lesen über den Text geführt. Das klappt bei Texten auf Papier etwas besser als am Bildschirm, aber auch am Screen macht eine Lesehilfe Sinn. Ob die Lesehilfe am besten im Zickzack, in Wellen oder in Schleifen über den Text wandert, probiert jede*r für sich selbst aus. Wichtig ist es, den Augen eine Orientierung und eine Führung zu geben.
Das Feedback der Teilnehmenden war sehr positiv und ich hoffe, dass sie genauso viel Spaß haben wie ich, an der eigenen Lesegeschwindigkeit kontinuierlich weiterzuarbeiten.
Wer Lust hat, tiefer in die Thematik einzusteigen, findet hier noch ein paar Literaturtipps und Links. Jetzt seid ihr dran!
- Tony Buzan: Speed Reading
- Wolfgang Schmitz: Schneller Lesen, besser Verstehen
- Speed Reading lernen – Online-Kurs: https://www.youtube.com/playlist?list=PLRNyu27EGu9wNhlzMk3K3dzYf_rANn_mE
- https://www.slideserve.com/file-download/533565
- https://www.speedreading.de
- https://de.wikihow.com/Speed-Reading-erlernen